Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt eindringlich davor, die AfD im Bundestag wie eine gewöhnliche Oppositionspartei zu behandeln. In einem Interview mit der Funke Mediengruppe (Donnerstagsausgaben) kritisierte sie Versuche aus Reihen der Union, die rechtspopulistische Partei zu normalisieren.
Faeser sieht darin nicht nur ein politisches Risiko, sondern auch ein Zeichen mangelnder historischer Verantwortung. Hintergrund der Diskussion ist die aktuelle Rolle der AfD im Bundestag, wo sie nach der letzten Wahl zweitstärkste Kraft wurde.
Faeser: AfD bleibt ein rechtsextremer Verdachtsfall
Laut Faeser bestätigt die Einschätzung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz die Gefahrenlage: „Gerichte haben bestätigt, dass es richtig war, die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einzustufen.“ Aus ihrer Sicht dürfe eine solche Partei nicht an Schlüsselpositionen im Parlament mitwirken.
Sie bezog sich dabei auch auf jüngste Vorschläge zur Besetzung parlamentarischer Ausschüsse und Kontrollgremien. „Putin-Freunde sollten nicht an der Spitze sensibler Bundestags-Ausschüsse stehen“, warnte die Ministerin mit Blick auf die sicherheitsrelevanten Funktionen im Bundestag.
Spahn: AfD ist demokratisch gewählt
CDU-Politiker Jens Spahn, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, hatte am Wochenende gefordert, die AfD wie jede andere Oppositionspartei zu behandeln. Er sagte: „Wir müssen auch anerkennen, wie viele Millionen Deutsche die AfD gewählt haben.“
Mehrere Unionskollegen stimmten Spahn zu. Sie argumentieren, dass eine pauschale Ausgrenzung der AfD den demokratischen Diskurs behindere und den politischen Gegner stärke.
Politische und gesellschaftliche Debatte spitzt sich zu
Die Diskussion zeigt, wie tief die Spaltung im Umgang mit der AfD in der deutschen Politik reicht. Während SPD, Grüne und FDP eine klare Abgrenzung fordern, mehren sich in der Union Stimmen, die auf einen sachlicheren Umgang drängen – trotz der rechtsextremen Tendenzen innerhalb der Partei.
Laut dem Bundesverfassungsschutz enthält die AfD Teile, die offen mit extremistischen Positionen sympathisieren. Besonders der sogenannte „Flügel“, der als offiziell aufgelöst gilt, wirkt nach Einschätzung von Beobachtern weiter in der Partei.
Der Verfassungsschutz bleibt wachsam
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte die AfD bereits 2021 als Verdachtsfall eingestuft. In mehreren Bundesländern laufen parallel Prüfungen einzelner Landesverbände. Diese Einstufung erlaubt es den Behörden, nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen – zum Beispiel das Beobachten von Reden, Versammlungen und digitalen Aktivitäten.
Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang betonte mehrfach: „Es gibt ausreichende Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen in Teilen der AfD.“ Die AfD selbst bestreitet dies und bezeichnet die Einstufung als politisch motiviert.
Wählerbasis und Einfluss im Bundestag wachsen
Die AfD ist seit der Bundestagswahl die zweitgrößte Fraktion im Parlament. Sie scheiterte jedoch bislang regelmäßig daran, zentrale Positionen wie den Bundestagsvizepräsidenten oder Ausschussvorsitzende zu besetzen. Die anderen Parteien blockierten diese Besetzungen – mit Verweis auf demokratische Grundwerte und die Integrität parlamentarischer Arbeit.
Trotzdem nimmt die AfD mit wachsendem Stimmenanteil politischen Einfluss. In einigen ostdeutschen Bundesländern ist sie laut Umfragen bereits stärkste Kraft.
Historiker und Experten warnen vor Verharmlosung
Auch Politikwissenschaftler und Historiker äußern sich besorgt über eine mögliche Normalisierung der AfD. Der Berliner Historiker Prof. Dr. Christian Weiß sagte der Kölner Zeitung: „Die politische Geschichte Deutschlands zeigt, wie gefährlich es sein kann, antidemokratische Kräfte zu unterschätzen. Wer die AfD wie eine gewöhnliche Partei behandelt, riskiert eine schleichende Verschiebung der politischen Normen.“
Debatte über Verantwortung und Demokratie
Der Streit um den Umgang mit der AfD spiegelt die Unsicherheit vieler Politiker im Spannungsfeld zwischen demokratischer Repräsentation und Verfassungsloyalität wider. Nancy Faeser mahnt zur Vorsicht – nicht nur im politischen Betrieb, sondern auch im Hinblick auf das Vertrauen der Bürger in die Demokratie.