Eine neue Untersuchung der Stiftung Warentest hat alarmierende Ergebnisse in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel für Kinder zu Tage gefördert. Von insgesamt 18 getesteten Produkten, die zur Unterstützung der Ernährung von Kindern gedacht sind, wiesen 17 gravierende Mängel auf. Die Experten fordern Eltern dazu auf, diese Produkte nur nach Rücksprache mit einem Arzt und bei nachgewiesenen Mängeln zu verwenden. Besonders in Zeiten, in denen Eltern mit unterschiedlichsten Ratschlägen über die Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln konfrontiert werden, sorgt diese Entdeckung für Unsicherheit.
Überhöhte Dosierungen und Gesundheitsrisiken
Die Stiftung Warentest testete 18 gängige Nahrungsergänzungsmittel für Kinder und verglich diese mit den offiziellen Nährstoffempfehlungen. Dabei wurden die Produkte nicht nur auf ihre Nährstoffgehalte überprüft, sondern auch auf die Werbung, die oft gesundheitliche Vorteile verspricht. Das Ergebnis war besorgniserregend: 15 der getesteten Produkte enthielten Nährstoffe in Mengen, die die sicheren Grenzwerte für Kinder überschritten. Fünf Produkte lagen sogar über der maximal empfohlenen Dosis für Vitamin A, was potenziell schädlich sein kann.
Laut Stiftung Warentest bieten diese Ergänzungsmittel in den meisten Fällen keinen Nutzen und können stattdessen die Gesundheit der Kinder gefährden. In ihrem Bericht bezeichneten sie die Produkte als „im besten Fall nutzlos und im schlimmsten Fall gefährlich“. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bestätigte, dass gesunde Kinder, die sich ausgewogen ernähren, keine Nahrungsergänzungsmittel benötigen. Das BfR wies darauf hin, dass kein Supplement eine unausgewogene oder ungesunde Ernährung ausgleichen könne, insbesondere nicht ohne ärztliche Aufsicht.
Marketingstrategien verunsichern Eltern
Die Stiftung Warentest kritisierte zudem die Marketingstrategien der Hersteller. Diese bewerben ihre Produkte häufig als Mittel zur Stärkung des Immunsystems und zur Förderung der Entwicklung von Kindern. Die Stiftung stellte fest, dass viele der Werbebotschaften weniger auf wissenschaftlichen Fakten basieren und vielmehr auf emotionaler Ansprache beruhen. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass einige Marketingaussagen sogar gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen.
Die Werbung verwendet häufig idealisierte Bilder und übertriebene Versprechungen, um die Aufmerksamkeit der Eltern zu gewinnen. Doch solche Taktiken könnten Eltern in die Irre führen und falsche Erwartungen wecken. Die Stiftung forderte eine genauere Regulierung der Werbung und mehr Transparenz bei der Kennzeichnung von Nahrungsergänzungsmitteln.
Nahrungsergänzungsmittel sind nicht immer notwendig
Dr. Berthold Koletzko, ein führender Kinderarzt aus München und Präsident der Europäischen Akademie für Pädiatrie, erklärte, dass die Mehrheit der Kinder keine Nahrungsergänzungsmittel benötige, solange sie eine ausgewogene Ernährung erhalten. In speziellen Fällen, wie etwa bei Kindern, die einer restriktiven Diät folgen oder wenig Sonnenlicht ausgesetzt sind, könnten Supplemente jedoch sinnvoll sein. Er verwies auf eine Studie aus dem Jahr 2017, in der 3,4 Prozent der deutschen Kinder zwischen 6 und 17 Jahren vegetarische Diäten befolgten. Koletzko geht davon aus, dass diese Zahl inzwischen gestiegen ist und damit das Risiko für Nährstoffmängel bei dieser Gruppe von Kindern zugenommen hat.
Die Gefahren von Gummivitaminen und anderen Produkten
Ein weiteres Problem, das Dr. Koletzko ansprach, sind sogenannte Gummivitamine, die häufig von Eltern gekauft werden. Diese Produkte, die oft wie Süßigkeiten aussehen, enthalten jedoch in der Regel viel Zucker. Kinder könnten diese „Vitamine“ wie Bonbons essen und überdosieren, was zu Verdauungsproblemen oder Durchfall führen kann. Koletzko riet den Eltern, bei der Auswahl von Nahrungsergänzungsmitteln vorsichtig zu sein und diese nur unter ärztlicher Anleitung zu verwenden.
„Wählen Sie Nahrungsergänzungsmittel mit Bedacht und konsultieren Sie immer zuerst den Kinderarzt“, betonte Koletzko. Eltern sollten sich bewusst sein, dass nicht jedes Produkt für ihr Kind geeignet ist, selbst wenn es auf den ersten Blick harmlos erscheint.
Die Bedeutung einer gesunden Ernährung
Abschließend stellte das BfR klar, dass keine Nahrungsergänzungsmittel die Bedeutung einer gesunden und ausgewogenen Ernährung ersetzen können. Kinder, die sich abwechslungsreich ernähren und ausreichend Bewegung haben, sind in der Regel gut mit Nährstoffen versorgt. Nahrungsergänzungsmittel sollten nur in Ausnahmefällen und nach ärztlicher Beratung zum Einsatz kommen.
Eltern sollten stets sicherstellen, dass sie sich gut informieren und sich bewusst für Produkte entscheiden, die den Bedürfnissen ihres Kindes entsprechen. Auf der anderen Seite bleibt die Verantwortung der Hersteller, ihre Produkte transparent und korrekt zu kennzeichnen.
Vorsicht bei Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder
Die Untersuchung der Stiftung Warentest zeigt eindrucksvoll, dass viele Nahrungsergänzungsmittel für Kinder keine Vorteile bringen und sogar gesundheitsschädlich sein können. Eltern sollten daher kritisch prüfen, ob ihre Kinder wirklich Nahrungsergänzungsmittel benötigen und sich immer vorher mit einem Arzt beraten. Eine ausgewogene Ernährung bleibt der beste Weg, um das Wohlbefinden und die Entwicklung von Kindern zu fördern.